
Kronen Zeitung
TRÄNEN UND FRUST
„Totale Leere“ bei der Wiener Austria
Die Austria hat den großen Wurf verpasst. Statt Titelparty und strahlender Gesichter gab es nach dem Liga-Finale am Samstag Tränen, Frust und schwierige Europacup-Aussichten in Wien-Favoriten. Philipp Wiesinger verspürte die „totale Leere“.
Der Sprung auf Platz zwei und zur Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation schien genommen – doch die Violetten kassierten beim 2:2 gegen Blau-Weiß Linz postwendend den Ausgleich. „Das wünsche ich nicht einmal meinem ärgsten Feind“, sagte Manfred Fischer. Dem gezeichneten Austria-Kapitän standen die Tränen in den Interviews nach Schlusspfiff in den Augen. „Irgendwann werden wir es vielleicht begreifen, warum das so passiert ist. Das haben wir uns alle gemeinsam nicht verdient“, meinte Fischer mit Blick auf die finalen Minuten einer Partie, die für die Austria nicht die große Belohnung für eine im vergangenen August so nicht erahnte Saison brachte.
Austria vom Hoch binnen Sekunden ins Tief
Philipp Wiesinger verspürte die „totale Leere“. Der Verteidiger traf mit einem satten Schuss zum 2:1 in der 90. Minute, die Generali Arena stand Kopf. Zu diesem Zeitpunkt war sogar noch der Meistertitel für die Austria drin. Keine 30 Sekunden nach Wiederanpfiff glich Blau-Weiß durch Oliver Wähling aus. Austrias Hakim Guenouche machte dabei keine glückliche Figur, Schuldzuweisungen gab es aber keine. Nach Schlusspfiff sanken die Favoritner zu Boden. „Im Fußball geht es oft schnell. Du bist im totalen Hoch und drei Sekunden später ist gefühlt alles Oasch“, fand Wiesinger deutliche Worte.
Als Dritter steigt die Austria in der zweiten Runde der Qualifikation zur Conference League ein. Der Weg in eine Ligaphase ist lange, die Wiener sind in der entscheidenden Quali-Phase auch nicht gesetzt. In der Königsklassen-Quali wären die Aussichten besser gewesen, durch die Möglichkeit der Umstiege in eine Ligaphase zu rutschen. Im Grunde beginnt die Austria im Europacup nun dort, wo sie auch im vergangenen Jahr startete. Damals wurden die Violetten Achter und schafften nur über das Liga-Play-off den Sprung ins internationale Geschäft.
Es wäre mehr möglich gewesen, auch im ÖFB-Cup. Dort scheiterte die Austria ebenfalls in einem Heimspiel im Halbfinale an Hartberg. Das Heim-Derby gegen Rapid vor zwei Wochen wurde ebenfalls verloren. Wiesinger analysierte in der ersten Enttäuschung bitter: „Bei den wichtigen Spielen und Zeitpunkten waren wir nicht da. Das müssen wir uns ankreiden lassen.“
Verabschiedungen und Helms‘ Optimismus
Trost gab es von den Tribünen. Von der Fankurve kam aufmunternder Beifall. Verabschiedet wurden ein emotionaler Andreas Gruber („Ich wollte die Karriere hier beenden“), Lucas Galvao und Marvin Potzmann, deren Verträge nicht verlängert wurden. Die sportliche Führung will nachjustieren. Fix verpflichtet wurde bereits Stürmer Maurice Malone, ein weiterer Angreifer und ein Defensivspieler sollen kommen. Wie es mit Dominik Fitz weitergeht, ist unklar. Der Spielmacher scheint nach seinen zwölf Toren und 13 Assists die heißeste Transferaktie zu sein.
Inmitten von enttäuschten Gesichtern bemühten sich andere um eine positive Einschätzung der Saison. „Wenn ich zurückblicke, dann hat zu Saisonbeginn keiner gerechnet, dass wir im letzten Spiel die Chance auf den Meistertitel haben und Dritter werden“, betonte Torhüter Samuel Sahin-Radlinger. Trainer Stephan Helm ließ die Emotionen außen vor. Er erinnerte an die Spiele gegen Sturm Graz oder zuletzt beim WAC, in denen die Austria in Drucksituationen Siege geholt hatte. Es gelte nun, ganz oben dranzubleiben. „Wichtig ist, dass wir uns in dieser Gruppe etablieren, in den Top-Teams der Liga.“
Die Basis, auch in der kommenden Saison zu überzeugen, sieht Helm gelegt. „Wir haben eine Duftprobe von dem abgegeben, was wir imstande sind zu leisten. Da wollen wir nächste Saison direkt weitermachen“, betonte der Coach. Der Zenit bei seiner doch schon routinierten Mannschaft sei „noch lange nicht“ erreicht. „Wie ich sie kenne, werden sie jetzt einmal Pause machen und dann extrem hungrig zurückkommen. Weil sie gesehen haben, was möglich ist.“
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